Prof. Hansuli Matter
Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Bildungsarbeit ist Beziehungsarbeit in einem sich rasch wandelnden Gebiet. Dabei verändert sich gegenwärtig die Bildungspraxis ebenso rasant wie auch der eigentliche Gegenstand von Forschung und Lehre - das Design. In diesem hochdynamischen Feld ist das Aushandeln von Positionen, Praktiken und Strategien der wesentliche Kern meiner täglichen Arbeit. Dies beinhaltet demzufolge viele Gespräche, Konzeptarbeit und die Vermittlung von Positionen.
Wo bist du in der ZHdK anzutreffen?
Das Toni-Areal bietet viele Orte, die meine Arbeit prägen und unterstützen. Gerade diese Vielfalt an räumlichen Qualitäten schätze ich sehr. Dazu kommen die digitalen Treffpunkte, die immer präsenter werden, uns aber auch zwingen zu reflektieren, welche Formate sich in welchen Settings am besten eignen - lokal oder remote, kollektiv oder individuell. Persönlich mag ich den Dachgarten und den Stammtisch sehr. Beide Orte haben ihre ganz eigenen Qualitäten.
Mit welchen Themen beschäftigst du dich gerade persönlich?
Design beherrscht die Sprache der Ästhetik und befasst sich neugierig und spielerisch mit Innovation. Diese auf den ersten Blick naive Herangehensweise eröffnet gerade dadurch einen faszinierenden Handlungsspielraum, der anderen Disziplinen verwehrt bleibt. Ergänzt durch kritische Reflexion über die Wirkung von Design in den Bereichen der sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit manifestiert sich eine hochrelevante Disziplin, die Verantwortung für die Zukunft übernimmt. Die Thematik der Relevanz hat für mich deshalb Priorität - nicht «nice to have» sondern «urgent to do».
Was treibt dich an?
Lernen ist leben. Ich bin ein sehr neugieriger und zugleich geduldiger Mensch. Mich fasziniert die Arbeit in einer Bildungsinstitution wie der ZHdK, die so breit gefächert arbeitet. Da kommen die unterschiedlichsten Disziplinen, Menschen und Praktiken zusammen. Mich interessieren dabei die möglichen Verbindungen, das Kollektive aber auch das Risiko. Kunst ist Risiko; Irritation und Widerstand inspirieren mich. In der Auseinandersetzung kann ich viel über mich lernen und bleibe nicht in meiner kleinen sicheren Welt verhaftet.
Mit wem würdest du gerne einmal zusammenarbeiten?
In meiner Rolle als Direktor des Departements Design habe ich das Privileg, mit sehr verschiedenen Menschen in den unterschiedlichsten Kontexten auch international zusammen arbeiten zu können. Diese gelebte Diversität schätze ich sehr. Mein Wunschpartner überrascht mich immer wieder und fordert mich heraus, meine eigene Position zu hinterfragen.
Mit wem würdest du gerne ein halbes Jahr die Rolle tauschen?
Das ist eine spannende und zugleich schwierige Frage, da ich mich gerade mit meiner Rolle als Direktor der Designabteilung einer international sichtbaren Bildungsinstitution angefreundet habe und meine Arbeit sehr schätze. Reizen würde mich die Rolle des Forschenden, der sich intensiv mit einem sehr spezifischen Aspekt von Kunst und Design befasst. Dabei würden mich Fragen wie beispielsweise die Wirkung von neuen Technologien auf die Gesellschaft interessieren. Was passiert mit der Demokratie, der Lehre, mit individuellen Biografien im Kontext von Innovation in Technologie und Life Sciences?
Was ist deine persönliche Definition von Design?
Design als stabiles Konstrukt gibt es nicht. Design ist Experiment, Wandel und Behauptung. Daher ist der/die Designer*in hinter dem Artefakt wichtiger als ein geschliffenes Manifest für Design, weil die Haltung von Gestalter*innen hinter dem Design relevanter ist. Ich liebe die unterschiedlichen, durch Persönlichkeiten geprägten Facetten von Design. Die Verantwortung von Design ist global, integral und interdisziplinär. Der Verzicht von Design kann dabei eine mögliche Haltung sein.
Wo siehst du das Departement Design in 2050?
Wahrsagerei ist definitiv nicht meine prioritäre Stärke, aber ich könnte dennoch einen Wunsch anbringen. Design sollte 2050 eine kulturelle Praxis sein, die einen wesentlichen Beitrag zu sozialen, technologischen und ökologischen Themen leistet - nachhaltig, innovativ und ästhetisch zugleich. Das Design von Objekten wird dabei nur eine Dimension sein. Die Zukunft wird definitiv hybrid und das ist keine Wahrsagerei.