Über Alltagskultur und Lebkuchen
Loris Truninger studiert im dritten Semester im Bachelor Major Trends & Identity an der ZHdK. Das Studium erlaubt ihm, Alltagsphänomene neu zu betrachten und Ansätze für komplexe Fragenstellungen zu finden.
Nach meiner Lehre als Polydesigner 3D in einem grossen Schweizer Möbelhaus und der Berufsmatura habe ich drei Jahre in meinem Beruf gearbeitet. Ich habe viel gelernt, aber irgendwann wurde mir klar, dass ich mich weiterentwickeln möchte. Der Wunsch, Dinge tiefer zu hinterfragen und vermeintlich banale Alltagskulturen neu zu verstehen, führte mich schliesslich zum Studium Trends & Identity an der ZHdK.
Besonders wertvoll finde ich, dass sich das Studium nicht nur auf die Gestaltung konzentriert, sondern uns ermöglicht, gesellschaftliche Zusammenhänge zu erkennen und zu reflektieren, die weit über die Objektwelt hinausgehen. Es bietet die Möglichkeit, neue Perspektiven einzunehmen und dabei die eigene Arbeit kritisch zu durchleuchten: Warum gestalte ich? Was bewirkt meine Arbeit? Und welche inhaltlichen Leerstellen nehme ich nicht wahr?
Ein Projekt, das sich mir besonders eingeprägt hat, ist «Chrömli mit Gfühl». Gefühle können «schwer im Magen liegen», sie können aber auch «verdaut» werden. Diese Dualität hat mich interessiert. Ich wollte einen Weg finden, der es erleichtert über Emotionen zu sprechen und entwickelte Lebkuchenformen, die neun verschiedene Gefühle wie Lust, Neid oder Freude zum Ausdruck bringen. Die Formen entstanden aus meiner Intuition heraus, wobei ich merkte, dass sich manche Emotionen freier, andere «verkopfter» ergaben. Es war schön zu sehen, wie unterschiedlich die Menschen auf die Formen reagierten: Während ich in einem Lebkuchen Neid sah, nahmen Besucher:innen der Vernissage andere Gefühle wahr – genau das war der Punkt. Ich wollte keine allgemeingültige Bedeutung schaffen, sondern einen Diskussionsraum eröffnen. Das Besondere an diesem Projekt war für mich, wie es auf einfache und niederschwellige Weise Gespräche über Gefühle initiiert hat. Dabei geht es nicht um endgültige Antworten. Manchmal liegt der Wert in den offenen Fragen und der Einladung, gemeinsam weiterzudenken. Genau diese Haltung möchte ich auch in Zukunft beibehalten.
Wohin führt mich mein Weg? In Schleifen und Kreisen, wohin genau, weiss ich nicht, aber das ist auch gut so. Ich werde versuchen, Theorie und Praxis so nah wie möglich beieinander zu halten. Jetzt studiere ich erst einmal.
